Casting: Gefühle, Fakten, Bezahlung

 

Gefühle beim Casting


Casting - Was läuft ab beim Casting?

Ich komme soeben vom Casting für eine TV-Sendung im Nachmittagsprogramm von R..

 

Und so habe ich es empfunden. Meine Erlebnisse, Gedanken und Gefühlseindrücke sind also für all jene bestimmt, die sich sagen: "Ich will zum Casting" und sich fragen, wie man sich auf den Casting-Termin vorbereiten kann, wie das Casting abläuft und welche Bezahlung erwartet werden kann. Vorausgesetzt, man wird genommen.

 

Am Casting-Tag: Fakten und Gefühle

Beim Fernseh-Casting

Zum besagten Termin traf ich in dem vornehmen Hotel in Münster ein. Das Casting verzögerte sich etwas und irgendwie wuchs die Aufregung. Musternd prüfte ich die Casting-Konkurrenz: Fast ausschließlich Mädchen und Frauen. Zum Teil auch sehr attraktiv. Vom Alter her Mitte bis Ende 20. Zwei eher gemütliche Typen waren die einzigen Vertreter des starken Geschlechts. Ich bin 39. Naja, hin und wieder gehe ich als Anfang 30 durch. Aber irgendwie half mir das jetzt auch nicht weiter. Inzwischen rebellierte mein Magen. Ich eilte zur Toilette. Je mehr Zeit verstrich, umso nervöser wurde ich. Dann gings endlich los.

Auftritt der Casting-Crew

 

Die Casting-Crew, drei taffe junge Leute, bitten in einen kleinen Saal.

 

Jede(r) wird wird mit einem handgeschriebenen Namensschild beklebt, erhält eine rote Casting-Mappe mit Fragebogen. Ich fühle mich wie ein etikettiertes Marmeladenglas. "Bitte durchgehen zum Foto-Shooting!" 2x knips, das war's.

 

Zum Casting-Fragebogen

Casting fürs TV

Neben persönlichen Angaben werden die Neigungen, Hobbies, Sport, Interessen abgefragt. Was man an anderen mag und was gar nicht. Weiter interessieren Phobien und Ängste, z.B. vor Spinnen. Oh je, hinten drauf geht's noch weiter: Ob man Bekannte, Verwandte in Verulkungsshows übberraschen möchte. Ich schreibe "Oh ja". Was hat mich da bloß geritten??

 

Die offizielle Begrüßung und die Beatwortung der großen Frage, was beim Fernsehen gezahlt wird

Es sind gerade mal 60 Euro. Das Ganze vestehe sich als Aufwandsentschädigung. Ein Raunen geht durch die Stuhlreihen. Auch ich bin etwas übberascht. Mein Kinn klackt nach unten. Mein Hotel kostete 50 Euro + 12 Euro Frühstück. Die Casting-Leiterin erläutert weiter, dass auch eine km-Pauschale gezahlt wird und bittet alle, die mehr erwarten, den Saal zu verlassen, das Ganze sei "keine Verhandlungsbasis". Stille. Keiner geht.

 

Noch ein Casting-Bogen

Ein weiterer Fragebogen wird verteilt. Diesmal wird Wissen abgefragt: Worin ich mich besonders auskenne und worin gar nicht. Fremdsprachenkenntnisse etc. Jetzt werden wir aber gebeten, den Casting-Fragebogen beiseite zu legen und die Fallbeschreibung zu erlernen.

Casting ist Try-out

Casting ist Try-out oder ausprobieren, das habe ich in der Google-Suche unter Casting-Vorbereitung (allerdings für Cheerleader) gefunden. Hineinversetzen - riet mir eine Freundin. Nicht schauspielern, sondern so empfinden. Ich will es versuchen... Wo bleibt mein Blatt? Alle anderen lesen und murmeln schon. Da ist es. Ein Kloß steckt mir im Hals.

 

Meine Casting-Rolle, ein Strafgerichtsfall

Mein Fall: Seit einigen Jahren gehe ich ins Fitness-Studio. Mein Trainer gibt mir eines Tages ein paar Pillen mit: "Proteinpräparate, ein Geschenk des Hauses". Ich kaufe von da an, so die Rolle, monatlich eine Packung und fühle mich anfangs großartig, dann eines Tages kippe ich bewußtlos vom Laufband. An einer auf dem Boden liegenden Hantel schlage ich mir den Hinterkopf auf. So weit die Story.

 

Als Laiendarsteller eigene Worte finden

Es kommen ein paar Casting-Tipps: Es gehe darum, alles mit eigenen Worten zu bringen und, wie die Casting-Sprecherin erklärt, zwei Emotionen zu zeigen:

  1.  Maßlose Wut 
  2.  Traurigkeit 

Man wolle aber keine "Krokodilstränen" sehen, auch wenn es immer sehr beeindruckend sei, wenn man wie auf Knopfdruck weinen kann... Ich glaube, ich bringe keinen Ton raus.

 

Das Casting-Desaster

Nach und nach werden die Namen der Casting-Teilnehmer aufgerufen. Man solle das Namensschild (A4) vor die Brust halten, seinen Namen sagen, Familienstand, Beruf, Hobbies, einmal Lächeln, dann zur Seite drehen (für die Profilansicht) und dann den Zettel fallen lassen. Das Ganze sieht eher aus wie das Anlegen einer Verbrecherkartei. Hoffentlich geraten die Datensätze mal nicht durcheinander, schiesst es mir durch den Kopf. 

Nun sind schon einige fertig. Ich bohre meine Blicke in den Fußboden vor mir. In meinem Kopf rauscht es. Da! Jetzt bin ich dran. Mit watteweichen Knien taste ich mich nach vorn, lasse den Zettel zu früh fallen. Ich nutze das Aufheben um mich zu Räuspern. 

Zu den Emotionen: Ich kriege nur Enttäuschung hin, ich stelle mir vor, dass ich acht Jahre in diesem Fitnessstudio war - voller Vertrauen.

 

Der Anmotzer kommt

Ich soll mehr Wut zeigen (Regieanweisung "lauter"). Das mit dem Brüllen, ich weiß nicht recht ... Habe es halt probiert. Der "Trainer", den ich als Casting-Schauspielpartner habe, ist äußerst sympathisch, und eigentlich bin ich kein aufbrausender Typ. Daher ich eher vorwurfsvoll (statt tobend): "Ich dachte wir sind Freunde!" Nun die traurige Phase, ein Schild wird gehoben (Regieanweisung "trauriger"). Ich bin eh schon traurig und fassungslos. Irgendwie durchleide ich alles. Am Ende gab's Applaus.

 

Ende des Castings, aber keine Erleichterung

Kein Filmstar

Ja die zweite Emotion passte. Die erste hatte ich nicht (statt Wut war ich enttäuscht - konnte nicht anders). Nach einer Stunde war alles vorbei. Ich wieder draußen, werde erwartet, trinke einen Tee. In die City? Zum Shoppen habe ich keine Lust. Bin viel zu aufgewühlt. Es ist so, als hätte ich tatsächlich etwas Schlimmes erlebt. Ich glaube, ich bin nicht zum Filmstar geboren.

 

Und die anderen Casting-Teilnehmer?

Eine Casting-Teilnehmerin konnte wirklich aus sich rausgehen, eine Theaterschauspielerin mit Schauspielausbildung. Die legte eine Wutattacke vor und ließ die Casting-Partner alt aussehen. Tosender Applaus. 

Das war mein TV-Casting-Erlebnis. Ich hoffe, du hast mehr Glück oder Talent. Toi toi toi! 
 

 



 

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